Joachim Gauck ist schon ein Phänomen. Der Mann ist noch nicht einmal im Amt und schon bekommt er den zweiten Shitstorm innerhalb weniger Tage serviert. Thorsten Knüwer weist in seinem Blog auf eine ziemlich merkwürdige Passage im Vorwort des kommenden Bundespräsidenten für eine Studie des „Deutschen Instituts für Vertrauen und Sicherheit im Internet“ (DIVSI) hin, für die Gauck als Schirmherr tätig ist: Laut Gauck biete das Internet „alle Voraussetzungen, um die in den ersten zehn Artikeln unserer Verfassung verankerten Grundrechte aller Bürger in diesem Land auszuhöhlen.“
Weiß der gute Mann wovon er spricht? Aus der Vergangenheit haben wir ja bereits gelernt, wie wichtig der Kontext solcher Aussagen ist. Daher bekommt ihr hier die Möglichkeit, euch einfach selbst ein Bild zu machen. Ein längerer Auszug von Joachim Gauck aus der Studie des DIVSI:
Als Jürgen Gerdes, Briefvorstand der Deutschen Post, mich fragte, ob ich die Schirmherrschaft für die frisch gegründete gemeinnützige Gesellschaft unter dem Namen „Deutsches Institut für Vertrauen und Sicherheit im Internet“ (DIVSI) übernehmen möchte, habe ich einen Moment lang gezögert. Sicherheit im Internet, so war mein erster Gedanke, sei doch vor allem Aufgabe von kundigen IT-Technologen. Nun bin ich durchaus mit den modernen Mitteln elektronischer Kommunikation vertraut, aber für einen IT-Fachmann reicht es bei mir bei weitem nicht.
Doch je mehr ich mich mit dem Thema beschäftigt habe, desto schneller wurde mir klar – Sicherheit und Datenschutz im Internet ist nicht nur ein Problem der Technik. Das vermeintlich grenzenlose Internet stellt uns vor Fragen, die keine App für uns beantworten kann. Die Unendlichkeit im Netz hört spätestens dort auf, wo wir klären müssen, wie viel Risiko, wie viel Verantwortung und wie viel Freiheit meiner Aktivitäten im Netz ich mir selbst zutraue. Eine Entscheidung, die letztlich jeder User für sich allein treffen muss.
Aller Anfang der Freiheit ist die Sprache, und schon verlassen wir das Feld der Software-Programmierer. Das gesamte Internet ist längst nicht mehr eine Techniker-Angelegenheit, sondern hat sich zu einer großen Kulturleistung entwickelt und prägt den Alltag der Menschen in erheblichem Ausmaß. Worte aus der vormaligen Fachwelt sind Allgemeingut geworden. So suggeriert der Begriff „Datenschutz“ ein Maß an Sicherheit, das es kaum gibt. Und Datenschützer können keine Daten schützen, sie können allenfalls kontrollieren, ob Daten hinreichend geschützt werden. Wir merken, wie wichtig es ist, auf die Exaktheit der Wörter genau zu achten, wenn es um Freiheit und Selbstbestimmung in der Welt des Internets geht, die täglich mehr unserer Zeit in Besitz nimmt.
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